Lieber Feind
Klappentext:
Ein Waisenhaus leiten? Sally McBride erklärt ihre beste Freundin Judy für komplett verrückt, als diese ihr die Leitung des John-Grier-Heims übertragen will. Hätte ihr Verlobter nicht schallend gelacht und damit ihren Ehrgeiz geweckt, Sally hätte niemals eingewilligt.
Plötzlich einhundert Kinder zu haben, ist keine leichte Aufgabe! Und die Zustände im Heim sind haarsträubend. Mit Verve geht Sally an die Arbeit, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Doch dabei macht sie sich nicht nur Freunde. Ihr liebster Feind allerdings ist und bleibt der betreuende Kinderarzt Dr. Robin MacRae.
Mit „Lieber Feind“ knüpft Jean Webster an „Lieber Daddy-Long-Legs“ an. Im Unterschied zu den Briefen von Judy an Daddy-Long-Legs, schreibt Sally an mehrere Adressaten, auch an Judy, so dass wir so auch erfahren, wie deren Geschichte weitergeht. Geistreich, anrührend und voller Charme, sollte man sich auch diesen wunderbaren Briefroman nicht entgehen lassen!
- ASIN: B077PZ8GLN
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 416 Seiten
- ISBN-10: 3551560455
- ISBN-13: 978-3551560452
- Verlag: Königskinder (21. März 2018)
- Übersetzer: Ingo Herzke
- Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
- Übersetzer: Ingo Herzke
- Amazon
Quelle Cover, Klappentext und Textstellen: Königskinder Verlag
Das John-Grier-Heim benötigt eine neue Heimleiterin. Und Judy, die ehemalige Bewohnern des Hauses und nun Angetraute von einem der Treuhänder („Lieber Daddy Long-Legs“) könnte sich niemanden besser vor stellen als ihre Freundin Sally McBride. Das diese nicht gerade freudestrahlend aus ihrem „leichten“ Leben austreten und Verantwortung übernehmen möchte, zeigt sich schon auf den ersten Seiten. Umschwärmt von einem Politiker könnte sie einen einfachen Haushalt führen und sich dem widmen, was man als Leben im Wohlstand des beginnenden 20. Jahrhunderts bezeichnen würde. Allen Zweifeln zum Trotz nimmt sie die Herausforderung an und begibt sich auf ein Jahr der Weiterentwicklung ihres eigenen Wesens.
Sally wird mit Problemen konfrontiert, die typisch für Waisenhäuser dieser Zeit war. Mit Aufgaben, die sie sich im Traum nicht hätte vor stellen können und mit Personal, das sie in den Wahnsinn treiben würde, wäre nicht genau dies ein Thema, das oft zur Diskussion steht. Denn der schottische Kinderarzt Robin MacRae, auch oft als „Lieber Feind“ bezeichnet ist nicht nur ein hagerer, mürrischer Mann mit der Einstellung alles liefe nur gut, wenn er es in die Hand nähme. Er versucht der jungen Heimleitung auch noch Studien einzutrichtern. So kommt es, dass oft der geistige Zustand der Kinder besprochen wird und auch die Theorie „Geistesschwäche, Alkoholismus oder ähnliche Zustände“ dieser Zeit, den Erbanlagen zu entnehmen wäre. Es ist wirklich kontrovers.
Wobei ich aber anmerken darf, dass Sally McBride eine ungeheuer gewitzte und intelligente Person ist und das ganze Buch, dass ja in Briefform an drei Personen verfasst ist, ein Talent für versteckten trockenen Humor hat und ich mich oft über ihre Erzählungen amüsiert habe. Ironie und Sarkasmus ist ihr definitiv geläufig.
Wir gaben uns redliche Mühe, locker und leicht und sprudelnd zu sein, aber es war wie ein Essen in der Familingruft. Mrs McGurk stampfte in schwarzem Wollkleid mit einer schwarzen Seidenschürze um den Tisch und servierte kalte, schwere Speisen, und ihr Schritt war so schwer, dass das Silberbesteck in den Bufettschubladen klirrte. Ihre Nase zeigte nach oben, die Mundwinkel nach unten. Sie ist eindeutig nicht angetan davon, dass ihr Arbeitgeber Menschen einlädt, und sie möchte alle Gäste abschrecken, damit sie nie wieder eine Einladung annehmen.
(S. 262 /263 / Lieber Feind)
Schade empfand ich dieses Mal die fehlende Tiefe der Charaktere. Sie sind sympathisch und authentisch, aber ich habe zu Sally nicht so den Zugang gefunden, wie zu Judy damals aus dem ersten Band. Auch was die zwischen den Zeilen gesponnene Verbindung zu Robin MacRae angeht, tat ich mich etwas schwer. Wenn man genau hin sieht, fällt es auf, aber es war mir doch zu wenig für das Ende.
Dafür ging mir das Herz auf, wenn Sally über ihre Kinder sprach, über die Eigenarten, die schönen wie auch die schlimmen Momente. Man spürt, wie der jungen Frau das Heim ans Herz wächst und ich wollte natürlich erfahren, wie das ganze nach einem schockierenden Ereignis ausging. Die junge Frau entwickelt sich zu einer Größe, die man vorher nicht voraus gesehen hat. Es ist beeindruckend, wie sie temperamentvoll die Zügel in die Hand nimmt und alles gibt, was sie hat.
„Lieber Freund“ ist ein zurückhaltendes, etwas trockenes Buch. Man muss sich drauf einlassen und die Botschaften zwischen den Zeilen finden. Dann ist die Geschichte sehr interessant. Mich hat die Schreibweise abgeholt und meistens auch ziemlich gefesselt, aber mit fehlt etwas die Leichtigkeit im Schreibfluss.
Fans von „Lieber Daddy Long-Legs“ empfehle ich es trotzdem zu lesen. Ich hatte ein paar unterhaltsame Lesestunden.
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar.
Ich gebe 4 Lilien!
Jean Webster
Jean Webster, eigentlich Alice Jane Chandler Webster (1876 – 1916), war eine amerikanische Schriftstellerin und Journalistin und eine Nichte von Mark Twain. Sie studiert Englisch und Ökonomie am Vassar College. Ihr berühmtester Roman ist der Briefroman „Daddy-Long-Legs“. Er wurde mehrfach verfilmt, in viele Sprachen übersetzt, und ist seit 1947 in verschiedenen Ausgaben auch auf Deutsch erschienen.
© privat
29. März 2018 at 12:52
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31. März 2018 at 13:29
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