(Rezension) Der Geruch von Häusern anderer Leute
Klappentext:
Alyce weiß nicht, wie sie Fischen und Tanzen in Einklang bringen soll. Ruth hat ein Geheimnis, das sie nicht mehr lange verbergen kann. Dora will ihren Vater nie wieder sehen und wird von Dumplings Familie aufgenommen. Hank und seine Brüder hauen von zu Hause ab, doch einer von ihnen gerät dabei in große Gefahr. Und trifft auf Alyce … Hier, unweit des nördlichen Polarkreises, wo der Alltag manchmal unerbittlich ist, kreuzen sich ihre Lebenswege immer wieder. Sie kommen einander näher, versuchen einander zu retten. Und wenn man es am wenigsten erwartet, gelingt es.
Deutscher Jugendliteraturpreis 2017
- Dateigröße: 4158 KB
- ASIN: B019CDYONO
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 321 Seiten
- ISBN-10: 3551560218
- ISBN-13: 978-3551560216
- Verlag: Königskinder (18. März 2016)
- Übersetzer: Sonja Finck
- Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
- Amazon
- Verlag
„Der Geruch von Häusern anderer Leute“ ist ganz anders als ich erwartet habe. Ich muss wirklich gestehen, dass Bücher aus dem Königskinder Verlag nie das sind, was sie zu sein scheinen. Man macht sich ein Bild durch Klappentext und Cover, und wird doch wieder völlig aus den Socken gehauen.
Eine einzelne Person zu beschreiben, fällt mir hier unglaublich schwer, aber der rote Faden läuft immer wieder zu Ruth zurück. Dem Mädchen, dass im Buch 17 Jahre alt wird und die mit ihrer Schwester Lily bei ihrer Gran lebt. Dem Mädchen, dessen Blick trotz – oder gerade wegen? – eigener Unzulässigkeiten anfangs getrübt ist, von Äußerlichkeiten. Aber auch zu dem Mädchen, das Erkenntnisse und Reife erlangt, bei der alles zusammen läuft und auf gewisse Art Frieden findet.
Dieses Buch ist nicht nur die Geschichte einer Hauptperson, sondern die Geschichte eines ganzen Dorfes in Alaska. Wir lernen Dora, Alyce, Hank, Dumpling, Selma, Jack, Sam und ein paar weitere kennen, und auch wenn jeder ein eigenes Schicksal zu ertragen hat, verbinden sich die Wege oder kreuzen sich auf die eine oder andere Art und Weise. Beeinflussen sie wahrscheinlich sogar.
Ein Beispiel? Der tote Vater des einen Jungen trifft durch Zufall den besten Freund seines Vaters und bekommt endlich die Möglichkeit, seine schwere Last, die er trägt, etwas abzugeben, obwohl er darauf schon nicht mehr gehofft hatte. Dieser Freund ist auf eine Art mit einem Mädchen in Fairbanks verbunden, die mir die Tränen in die Augen getrieben hat.
Ich möchte nicht behaupten, dass jeder Charakter sympathisch ist, aber eins sind sie mit Sicherheit alle. Echt! So authentisch, so mitten aus dem Leben. Es ist, als würde man ein schnelles Jahr seltsamen Urlaub in diesem Dorf machen. Denn wie sagt man so schön? Kehr erst vor deiner eigenen Haustür, bevor du es bei den Nachbarn tust. In diesem Buch ist es das Gleiche. Wir lesen aus mehreren Sichten und betrachten die Menschen ganz subjektiv aus der Wahrnehmung desjenigen, der gerade spricht. Dann hüpfen wir zum nächsten Kapitel und finden uns in dem Charakter wieder, der gerade erst von außen beurteilt wurde. Und was passiert? Ich als Leser habe in jedem neuen Kapitel eine wichtige Erfahrung gemacht:
Es gibt für alles einen Grund. Beurteile nie nach dem Augenscheinlichen!
Jedes Mal wieder habe ich mich ein bisschen selbst ermahnt, die Dinge nicht gleich in eine Schublade zu stecken, wie sie von außen her wirken. Man lässt sich doch so sehr von, wie wir es nennen, Klatsch und Tratsch beeinflussen. Aber guckt man dann hinter die Fassade… wow! Die Emotionen warfen mich schier um. Man spürt die Verzweiflung, die Sorgen und die Ängste mit voller Intensität. Aber auch ein kleiner Glücksmoment wirkt dann so groß und stark, als ob die Sonne aufgehen würde.
Anfangs war es für mich schwer rein zu kommen und diese ganzen Handlungsstränge zu verstehen. Es hat mich, ehrlich gesagt, auch etwas Überwindung gekostet, mich auf so „viel“ einzulassen. Aber dann, ich glaube es fing mit Alyce und ihrem Dad auf dem Fischerausflug an, begann die Story mich zu fesseln. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen. Ich wollte unbedingt herausfinden, wie die Personen zueinander stehen.
Die Schreibweise ist angenehm und leicht. Daher war es auch einfach das Setting auf sich wirken zu lassen. Die tollen Beschreibungen haben mich nach Alaska versetzt und ich fühlte mich, wie auf einem Kurztrip quer durch Fairbanks und Umgebung.
Zum Schluss blieb ich sprachlos und vor allem sehr nachdenklich zurück. Kein Mensch ist mürrisch oder griesgrämig, ängstlich oder laut und aufgedreht, ohne Grund. Und vielleicht sollte man manchmal zweimal hinschauen, bevor man seine Schlüsse zieht. Ich bin beeindruckt, in welcher Form die Teile von „Der Geruch von Häusern anderer Leute“ zusammengefügt werden. Das ist keine leichte, dafür aber sehr tiefgründige Lektüre. Und sie hat mich sehr berührt.
Vielen lieben Dank für das Rezensionsexemplar!
Ich gebe 5 von 5 Sternen.
🌟🌟🌟🌟🌟
Bonnie-Sue Hitchcock
Bonnie-Sue Hitchcock ist in Alaska geboren und aufgewachsen. Sie war viele Jahre mit ihrer Familie in der Fischerei tätig und zog ihre Kinder auf einem Boot groß. Außerdem arbeitete sie als Reporterin für Alaska Public Radio und war Moderatorin und Produzentin der „Independent Native News” mit Schwerpunkt auf den indigenen Völkern Nordamerikas.
© Sylvia Hitchcock-Jones
7. November 2017 at 17:56
Schande über mich– ich habe noch kein Königskinder-Buch gelesen! Aber das hier klingt wirklich gut und ich setze es mal schnell noch auf die Liste, bevor der Verlag ausstirbt. :/
Danke für die tolle Rezi, Pinky. :*
Liebst,
Rika
7. November 2017 at 18:38
Awww. Danke Brain! Solltest du wirklich. Mein absoluter Liebling ist „Alles was ich sehe“ und dann stehen das hier und „Lieber Daddy Long Legs“ auf einer Stufe.
Ja es ist so schade. Mir fehlt mein Liebling noch als Print und ich muss das unbedingt demnächst noch kaufen, bevor es den Verlag nicht mehr gibt. Es macht mich so traurig. 😢
7. November 2017 at 20:19
Lieber Daddy Long Legs steht bei mir auch auf der Liste. Das Cover ist so schön! 😍
7. November 2017 at 20:22
Und es lohnt sich !
1. Dezember 2017 at 12:31
[…] Der Geruch von Häusern anderer Leute […]